Der Jahreswechsel naht und Themen wie Angst und Panik bei Haustieren erhalten wieder mehr Aufmerksamkeit. Doch nicht nur für Kleintiere ist die Silvesternacht oftmals unerträglich. Auch Wildtiere und Vögel reagieren mit Panik auf die lauten Knaller, die mitunter schon Tage vor der eigentlichen Silvesternacht beginnen. Dennoch gibt es einige Maßnahmen und Tipps, mit denen Haustierbesitzer:innen ihre Vierbeiner schon frühzeitig auf den zusätzlichen Stress vorbereiten können.
Tatsächlich ist die Lautstärke der Raketen nicht das einzige Problem zu Silvester: Die Pyrotechnik setzt jedes Jahr so große Mengen an gesundheitsschädlichem Feinstaub frei, wie es zu keinem anderen Ereignis geschieht. Ballungszentren sind hierbei besonders stark betroffen. Gerade deswegen entscheiden sich zahlreiche Tierhalter:innen dafür, den Jahreswechsel gemeinsam mit dem Haustier zu verbringen, um ihnen die Angst so gut wie möglich zu nehmen. Während manche Vierbeiner lediglich leicht verunsichert durch die Wohnung tapsen, brechen andere regelrecht in Panik aus. Je größer die Angst des Tieres, desto stärker ist auch der (Mit-)Leidensdruck der Besitzer:innen und das Bedürfnis, etwas gegen die Angst ihres Lieblings zu unternehmen. Die gute Nachricht: Das ist durchaus möglich – aber nicht von einem Tag auf den anderen. Bestenfalls wird mit den vorbereitenden Maßnahmen bereits Monate vor der eigentlichen Silvesternacht begonnen.
Vorbereitung auf den Jahreswechsel: Training für Silvester
Gerade bei Hunden mit starker Silvester-Panik erweist sich das richtige Training zur Vorbereitung als vielversprechende Maßnahme. Viele Halter:innen können durch die sogenannte Gegenkonditionierung oftmals eine deutliche Besserung feststellen. Hierbei wird der angstauslösende Reiz, in diesem Fall „Knall und Lichter bei Feuerwerk“, mit etwas Positivem wie einer Futter-Belohnung oder Spielen verknüpft. Da jene neue Reizverknüpfung allerdings nicht innerhalb von wenigen Tagen passiert, ist es umso wichtiger, frühzeitig bzw. konstant über das Jahr verteilt mit dem Training zu beginnen.
Die konditionierte Entspannung des Hundes kann sich bei großer Silvesterangst ebenfalls als erfolgreich erweisen. Hier macht man sich das Hormon Oxytocin, welches bei Berührungen produziert wird, zunutze und verbindet es mit einem Signal, mit Musik oder mit einer Berührung. Auf das ausgewählte Signal hin liegt der Hund abends auf der Couch, lässt sich genüsslich massieren und beginnt zu entspannen. So erreichen Tierhalter:innen, dass ihr Vierbeiner auf dieses Signalwort konditioniert wird und runterfährt. Das Signal muss nicht unbedingt ein Wort sein, oft funktioniert auch die Berührung einer ritualisierten Stelle. Sehr gut lässt sich die konditionierte Entspannung auch mit einem bestimmten Duft kombinieren. Die folgenden ätherischen Öle wirken auf Hunde beispielsweise entspannend:
- Lavendel
- Kamille
- Sandelholz
Hunde, die gelernt haben, dass ihnen ein gewisser Geruch guttut, suchen in Stresssituationen bewusst den Kontakt zu ihrer Halterin bzw. zu ihrem Halter. Auch dieses Training muss in sehr kleinen Schritten aufgebaut und über einen längeren Zeitraum konditioniert werden. Ein weiteres hilfreiches Mittel ist eine Bandage, oft auch Körperband genannt, aus dem TTouch-Bereich. Dieses hilft dem Hund, seinen Körper besser wahrzunehmen. Die TTouch-Griffe und Bandagen unterstützen den Hundekörper dabei, sich nachhaltig zu entspannen. Der Vierbeiner kann sich dadurch besser konzentrieren und stressige Umweltreize gelassener angehen. Legt man dem Tier eine derartige Bandage an, sind die folgenden körperlichen Reaktionen möglich:
- Muskelentspannung
- Änderung der Atemfrequenz (ruhiger und tiefer)
- Veränderung der Körperhaltung (z.B. eingezogene Rute zu neutraler Rute)
- Blutdruck sinkt
- Herz schlägt ruhiger
Halter:innen, die nicht zu derartigen Bandagen greifen, aber dennoch ein einfaches Tool zur Verfügung haben möchten, können auch sogenannte Thundershirts im Handel erwerben.
Zusätzliche Tipps zum Training für den Jahreswechsel
Behalte dein Haustier ab dem Nachmittag im Haus. Freigänger-Katzen sollten einen Tag vor und nach der Silvesternacht im Haus bzw. in der Wohnung bleiben – hierfür muss natürlich eine Katzentoilette vorhanden sein. Behalte deinen Hund beim Spazieren – vor sowie nach Silvester – an der Leine, idealerweise mit Geschirr. Eine doppelte Sicherung (Halsband UND Geschirr) oder ein spezielles Sicherheitsgeschirr sind bei besonders ängstlichen Hunden sehr sinnvoll. Wenn das Tier allerdings doch auskommt, sollte es irgendwo eine Marke mit der Telefonnummer und der Adresse der Besitzerin bzw. des Besitzers bei sich haben. Ebenso ist es wichtig und verpflichtend, dass das Tier gechippt und auch registriert ist.
Vermeide am Silvestertag Spaziergänge durch Innenstädte und Wohngebiete. Entspannender für das Tier sind Wege durch die Natur und der Aufenthalt in ländlichen Gebieten. Hier ist außerdem die Gefahr am geringsten, auf zu früh gezündete Silvesterraketen zu treffen. Biete deinem Haustier einen sicheren Rückzugsort an, der bestenfalls dunkel und möglichst lärmgeschützt ist. Hierfür eignen sich spezielle Boxen, da sich viele Tiere wohler fühlen, wenn der Raum eingeschränkt wird. Vogel- und Kleintierkäfige können bei Bedarf mit Tüchern abgedeckt und in möglichst lärmgeschützte Räume gestellt werden.
Eine alltägliche Routine und regelmäßige Abläufe sind das A und O. Sie vermitteln dem Tier Sicherheit und Ruhe. Gerade deswegen solltest du dein Haustier zum Jahreswechsel keinesfalls allein lassen. Ohne den Bezug zur jeweiligen Tierhalterin bzw. zum Halter fühlen sich die meisten Haustiere schutzlos und ausgeliefert. Achte außerdem darauf, dass alle Fenster und Türen gut geschlossen sind. Rollläden und Vorhänge sollten zugemacht werden, um Irritationen durch aufblitzende Lichter zu vermeiden. Studien haben gezeigt, dass ruhige Balladen, klassische Musik oder Hörbücher eine beruhigende Wirkung auf Hunde haben. Hier bewährt sich erneut das Prinzip der Konditionierung. Je früher man beginnt, diese Musik in entspannte Alltagsmomente – beispielsweise dann, wenn das Tier schläft – miteinzubinden, desto erfolgreicher ist man mit dieser Taktik auch zu Silvester.
Zusätzliche Tipps bei akutem Stress zu Silvester:
- Denke in erster Linie an dein eigenes Verhalten und bleibe selbst so ruhig wie möglich. Das Haustier orientiert sich in den meisten Fällen an seiner Besitzerin bzw. an seinem Besitzer. Anspannung überträgt sich auf das Stressempfinden des Tieres.
- Bestärke dein Haustier nicht in seiner Angst. Übermäßiges Streicheln oder Zureden verunsichert das Tier noch mehr.
- Dein Haustier weiß am besten, was es in der Stresssituation braucht: Sucht es deine Nähe oder will es sich allein verkriechen? Beide Verhaltensweisen sollen geduldet werden.
- Der Einsatz des Lieblingsspielzeugs kann sich ebenfalls als ablenkende Maßnahme eignen.
- Wird der Stresspegel trotz aller Bemühungen unerträglich, kannst du deinem Tier ein Beruhigungsmittel verabreichen, welches vorab mit einer Tierärztin bzw. mit einem Tierarzt abgeklärt werden muss.
Nahrungsergänzungen gegen Silvesterangst
Das Angebot an stressreduzierenden Ergänzungsfuttermitteln ist vor allem für Hunde mittlerweile sehr groß. Bei einem echten Panik-Tier werden sie allein höchstwahrscheinlich jedoch nicht ausreichen. In leichten Fällen können Tierhalter:innen dem Einsatz von Nahrungsergänzungen ohne Weiteres eine Chance geben. Mit der Gabe sollte man in jedem Fall bereits einige Tage vor Silvester beginnen, damit sich ein ausreichender Wirkstoffspiegel aufbauen kann.
Mögliche beruhigende Inhaltsstoffe sind:
Casein: Milchproteine werden als Casein bezeichnet. Die größte Fraktion von Casein, das Alpha-S1-Casein, wird nach einer enzymatischen Umwandlung im Körper zu Casozepin. Bei Letzterem handelt es sich um ein Peptidhormon, welchem eine beruhigende Wirkung nachgesagt wird.
Tryptophan ist jene Aminosäure, welche die Grundsubstanz des ausgleichenden Botenstoffes Serotonin ist.
CBD (Cannabidiol): Der nicht berauschende Anteil der Hanfpflanze soll eine beruhigende Wirkung auf unsere Haustiere haben. Wenn du deinem Tier ein CBD-Öl (direkt ins Maul) zufüttern möchtest, sollte dieses unbedingt speziell für Hunde oder Katzen entwickelt sein und einen THC-Gehalt von 0,0% aufweisen.
Bachblüten: Hier eignen sich die Rescue-Mischung oder individuell auf das Tier abgestimmte Zubereitungen aus der Apotheke am besten.
Weitere Inhaltsstoffe, die beruhigende Eigenschaften besitzen:
- B-Komplex bzw. B-Vitamine
- Lavendel
- Passionsblume
- Baldrian
- Hopfen
- Johanniskraut
- Kamille
- Katzenminze
So vielschichtig wie die Charaktere unserer Vierbeiner nun mal sind, so unterschiedlich sind auch ihre Ängste und Verhaltensweisen in stressigen Situationen. Daher gibt es leider kein Patentrezept, das für die sofortige Entspannung bei allen Hunden und Katzen sorgt. Wenn Tierhalter:innen allerdings ein paar der oben genannten Tricks und Verhaltensregeln beachten, sollten sie den Silvesterstress ihrer vierbeinigen Familienmitglieder deutlich minimieren und den Jahreswechsel möglichst unbesorgt erleben können.