Ein Laborant und eine Laborantin begutachten eine Probe in einem Labor

Probenmaterial im Fokus: Einblicke in die Präanalytik

Noch bevor der eigentliche Analyseprozess beginnen kann, ist es notwendig, sich gut zu überlegen, welches Probenmaterial sich am besten für den jeweiligen Analysezweck eignet. Warum fiel die Entscheidung bei der Aniveri Analyse auf Haare als das am besten geeignete Untersuchungsmaterial? Harald Hagendorfer, Deputy Managing Director und Head of „Special Analytics“ bei Ortho-Analytic zeigt die Unterschiede diverser Probematerialien auf.

In der medizinischen Diagnostik werden sowohl beim Menschen als auch beim Tier in der Regel Blut, Urin oder Haare für eine mögliche Analyse in Betracht gezogen. So wurden auch bei der Aniveri Analyse einige Überlegungen abgewogen, bevor die Entscheidung auf Haare als das optimale Probenmaterial fiel. Warum dies so ist, möchten wir im nachfolgenden Beitrag genauer erläutern.

Die Wahl des Untersuchungsmaterials entscheidet in der Elementanalytik per se nicht über die Substanzen, die man bestimmen kann. Tatsächlich bildet sie die Expositionszeit ab, in der man mit bestimmten Mineralstoffen, Spuren- und toxischen Elementen sowie Schwermetallen in Berührung gekommen ist.

Probenmaterialien im Vergleich: Blut, Urin oder Haare?

Wird beispielsweise das Serum bzw. Plasma im Blut analysiert, bildet das Ergebnis den akuten Zustand ab. Hier kann es sich um ein paar Stunden oder gar Minuten handeln, da das, was aufgenommen wird, innerhalb kürzester Zeit verstoffwechselt und in Gewebe aufgenommen wird und somit nicht mehr erfasst werden kann. In der Elementanalytik spielt dieses Probenmaterial nur dann eine wichtige Rolle, wenn eine akute Intoxikation vorliegt.

Ähnlich verhält es sich mit Urin als Probenmaterial, solange man keine Freisetzung von verfügbaren Metallionen mit der Gabe von sogenannten Komplexbildnern „provoziert“. Diese „binden“ die meisten Schwermetalle und auch einige toxische Elemente, wodurch diese dann über die Niere ausgeschieden werden können. Als Komplexbildner kommen diverse Chelate, wie zum Beispiel DMPS (Dimercaptopropansulfonsäure) zum Einsatz. Diese spielen nicht nur in der Diagnostik einer (toxischen) Metallexposition eine Rolle. Auch bei der Behandlung von Akutvergiftungen, beispielsweise durch Arsen oder Quecksilber kommen sie zum Tragen. Auch schwefelhaltige Aminosäuren wie Cystein oder Methionin können derartige toxische Metalle binden und nierengängig machen. Diese Substanzklasse stellt auch einen interessanten Ansatz zur Therapie von langfristiger aber nicht toxischer Exposition an Schwermetallen dar. Dies ist ein Problem, das heute vor allem in der westlichen Hemisphäre den Hauptexpositionsweg von toxischen Elementen und Schwermetallen darstellt.

Eine Grafik, die eine Übersicht über verschiedene Probenmaterialien und deren Expositionszeiträume aufzeigt.
Die Auswahl des Probenmaterials entscheidet darüber, über welchen Zeitraum das Tier den untersuchten Elementen ausgesetzt war.

Analysiert man Vollblut oder Erythrozyten, wird eine mittelfristige Expositionszeit von Tagen oder Wochen abgebildet. Erythrozyten haben eine Lebensdauer von etwa 120 Tagen und können somit den Status von aufgenommenen Spurenelementen und toxische Elementen/Schwermetallen über einen längeren Zeitpunkt abbilden.

Haare wiederum können als Bio-Monitoring Tool gesehen werden, das je nach abgeschnittener Länge einen Expositionszeitraum von Wochen bis Monate oder auch Jahren darstellt. Somit kann man eine chronische Exposition an toxischen Elementen sowie auch einen Mangel an Spurenelementen und Mineralstoffen gut abbilden. Als populäres Beispiel aus dem Humanbereich gilt der berühmte Komponist Beethoven. Etwa 200 Jahre nachdem er verstorben war, konnte aufgrund einer Analyse seiner Haare festgestellt werden, dass er über einen langen Zeitraum einer Bleiexposition ausgesetzt war. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist er daran schlussendlich auch verstorben.

Haare als Probenmaterial: Was lässt sich herauslesen?

Die Haaranalyse als diagnostisches Tool wird nach wie vor oftmals missverstanden. Bei Haaren handelt es sich nicht um ein Untersuchungsmaterial, mit welchem akute Vergiftungen festgestellt werden können. Hierfür werden die oben genannten Körperflüssigkeiten wie Serum, Blut, Plasma oder Urin herangezogen. Für die Erkennung einer Langzeitbelastung oder Versorgung jedoch, sind Haare ein sehr gutes Untersuchungsmaterial.

Bei Verdacht einer chronischen Exposition mit toxischen Elementen oder Schwermetallen können Haare sehr gut eingesetzt werden. Als Indikator für eine Belastungssituation sind sie in der wissenschaftlichen Literatur bereits ausführlich beschrieben. Hierbei kann man beispielsweise den Übergang von Blei in die Haarwurzel bei einer Langzeitbelastung auch im subtoxischen Bereich gut erfassen. Auch Spurenelemente im Haar lassen sich gut monitorisieren, sofern dabei darauf geachtet wird, dass die Haare nicht mit den zu bestimmenden Elementen kontaminiert werden – zum Beispiel über Shampoos mit Selen oder Wundcremen mit Zink. Werden Produkte dieser Art regelmäßig oder kurz vor der Probennahme angewandt, kann es bei der Analyse zu falsch positiven Aussagen kommen.

Die Bestimmung von Mineralstoffen ist bis dato umstritten. Man kann aber sehr gut Tendenzen und Verhältnisse abschätzen, die es erlauben, daraus Schlüsse zur Mineralstoffversorgung zu ziehen.

Die Entnahme der Haarprobe im Detail

Grundsätzlich durchläuft ein Haar verschiedene Wachstumsphasen. In der Anagenphase befindet es sich im Wachstum, bei der Katagenphase im Übergang. Die Telogen- oder auch Ruhephase bildet den letzten Bereich ab, bevor das Haar schlussendlich ausfällt. Beim Menschen geht man davon aus, dass sich 90 Prozent der Haare in der Anagen-, also in der Wachstumsphase befinden. Weitestgehend wachsen Haare also konstant und können zu jeder Zeit entnommen werden. Bei der Entnahme werden immer einige ältere Haare, die sich bereits in der Telogenphase befinden, dabei sein. Diese stören die Analyse jedoch nicht. Denn im Vergleich sind jene Haare so weit unterrepräsentiert, dass sie die Resultate nicht beeinflussen können.

Bei der Probennahme ist es wichtig, die Haare direkt vom Ansatz abzuschneiden, da man schließlich die letzten paar Monate betrachten will. Bei Verdacht auf weiter zurückliegende Belastungen, beispielsweise durch Arsen, kann man auch ältere Haarabschnitte untersuchen. Die Normbereiche sind allerdings nicht auf die Analyse von derartigem Probenmaterial optimiert, weshalb in diesem Fall nur eine sehr große Exposition erkannt wird, nicht jedoch eine subchronische Belastung. Bestenfalls sollten die Haare von mehreren Stellen entnommen werden, um ein möglichst umfassendes Bild darstellen zu können. Grundsätzlich sind für die Durchführung der Haarmineralanalyse ein Esslöffel bzw. eine bleistiftdicke Menge an Probenmaterial nötig. Diese entspricht in etwa 200 bis 300 Milligramm, von welchen circa 100 Milligramm für die eigentliche Analyse verwendet werden. Der Rest wird im Archiv zurückgestellt und zehn Jahre aufbewahrt, falls eine Nachanalytik von Nöten wäre. Die Länge der entnommenen Haare sollte sich auf maximal vier Zentimeter belaufen.

Die Rolle der Veterinärmediziner:innen

Bei der Aniveri Analyse im speziellen schneidet im Optimalfall immer der Tierarzt bzw. die Tierärztin selbst die Haare ab, damit er oder sie den präanalytischen Prozess auch selbst im Griff hat und die Analyse verlässliche Ergebnisse liefert. Wichtig wäre hierbei immer die Angabe, ob vorab zum Beispiel zink- und selenhaltigen Medizinal-Schuppenshampoos oder Cremen verwendet oder die Haare anderwärtig behandelt wurden, da dies die Messresultate beeinflussen kann. Weiters sollten Veterinärmediziner:innen die Haare an einer wenig exponierten Stelle entnehmen, damit Staub und Dreck die Analyse nicht beeinflussen. Die Haare durchlaufen vor der Analyse zwar ein umfangreiches Waschprozedere, doch die Analyse ist trotzdem verlässlicher, wenn die Haare des Tieres nicht grob verschmutzt sind.

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