Wie die uns bekannten Elemente überhaupt entstehen und inwiefern sie für die Medizin relevant sind, wurde bereits in vorhergegangenen Beiträgen dargestellt. Nach Abschluss des präanalytischen Prozesses, der auch die Auswahl des geeigneten Untersuchungsmaterials beinhaltet, stellt sich nun die Frage, wie denn bei der Elementanalytik gemessen werden soll. Harald Hagendorfer, Deputy Managing Director und Head of „Special Analytics“ unseres Partnerlabors Ortho-Analytic gibt Einblicke in das komplexe ICP-MS-Verfahren der Aniveri Analyse.
Grundsätzlich haben sich in der Elementanalytik drei unterschiedliche Methoden durchgesetzt.
- Einerseits gibt es die Photometrie, bei welcher man die Absorption von Licht misst. Diese Methode ist jedoch nur für Elemente in sehr hohen Konzentrationen anwendbar.
- Bei der Spektroskopie hingegen wird eine Anregung von Elektronen mittels Flamme oder Plasma durchgeführt und so eine messbare Emission erzeugt. Hier kann man bereits Konzentrationen bis in den Mikrogramm pro Liter Bereich messen.
- Will man jedoch die ganze Bandbreite der Elemente in verschiedenen Konzentrationsbereichen – von mg/L bis ng/L – messen, braucht es massenspektrometrische Methoden. Als Goldstandard hat sich im Bereich der Elementanalytik die sogenannte induktiv gekoppelte Plasma Massenspektrometrie – oder kurz ICP-MS – durchgesetzt.
ICP-MS: Die Aniveri-Analysemethode im Detail
Was geschieht nun bei der ICP-MS (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma), die für die Aniveri Analyse zum Einsatz kommt? Die Feststoffprobe – in unserem Fall die Haare – müssen zuerst in flüssige Form überführt werden. Dafür bereitet man die Proben im ersten Schritt für den Analyseprozess vor, indem man sie von externer Kontamination befreit. Hier haben wir ein aufwendiges Waschprozedere entwickelt, auf welches auch die Normwerte der Analyse abgestimmt sind. Im Anschluss muss die Probe, wie bereits angedeutet, vom Feststoff in eine flüssige Form überführt werden. Bei der Aniveri ICP-MS-Analyse kommt ein Mikrowellenaufschlussverfahren zum Einsatz, um voll mineralisierte Proben zu erhalten. Dafür werden die Haare mit Salpetersäure unter Druck und Temperaturen bis zu 250°C mineralisiert und gelöst.
Die aufgeschlossenen Proben werden dann mittels Autosampler dem ICP-MS zugeführt. Die Probe wird in einem ersten Schritt zerstäubt, mithilfe einer Sprühkammer werden Tröpfchen, die größer als 10 µm sind, abgeschieden. Das dadurch entstandene homogene Aerosol wird danach in das induktiv gekoppelte Argon Plasma transportiert. Die Temperaturen, welche das Plasma erzeugt, sind vergleichbar mit denen der Oberfläche der Sonne, die zwischen 6.000 und 8.000 Grad Celsius betragen. Um diesen Prozess so sicher und kontrolliert durchführen zu können, brauchte es einen langen wissenschaftlichen Entwicklungsprozess. Die ersten Prototypen entstanden bereits in den frühen 80er Jahren, erste routinefähige Messgeräte kamen Ende der 90er Jahre auf den Markt.
Im Plasma selbst werden die Tröpfchen dann sofort verdampft und die darin enthaltenen Moleküle atomisiert und einfach positiv ionisiert. Somit können die Ionen im Anschluss in ein Hochvakuum extrahiert und nach Masse sowie Ladung getrennt und detektiert werden. Mit der ICP-MS-Methode kann man – bis auf ein paar einzelne Ausnahmen (Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und Fluor) – alle Elemente des gesamten Periodensystems messen. Des Weiteren ermöglicht die ICP-MS Methode die Automatisierung der Totalelementanalytik. Während die Geräte dafür vor 25 Jahren noch so groß waren wie ein ganzer Büroraum, kommen sie heute in etwa auf die Größe eines Bürotisches.
Stets unter Kontrolle: die ICP-MS-Messung
Um die Qualität der Messung immer gleich zu halten, wurde ein aufwändiges, jahrelang entwickeltes und stetig verbessertes Qualitätssicherungssystem aufgebaut. Das gesamte Verfahren ist nach Vorgaben der ISO 15189 Norm für medizinische Diagnostik validiert. Vor jeder einzelnen Messung überprüfen und kalibrieren wir das Analysegerät anhand von sogenannten NIST-zertifizierten Standards. Die US-amerikanische Institution „National Institute of Standardization“ ist eine der wenigen, die solche Ursubstanzen anbieten und alle Standards, die im Prozess zum Einsatz kommen, lassen sich auf jene Ursubstanzen zurückführen.
Vor der Messung der eigentlichen Proben durchlaufen außerdem Qualitätskontrollproben, die einen zertifizierten Gehalt an Elementen aufweisen, die Messung. Dieses Material durchläuft ebenso die gesamte Probenvorbereitung, um auch hier etwaige Fehler auszuschließen. Danach erfolgt die Messung der aufgeschlossenen Patientenproben sowie eine weitere Kontrolle durch die Qualitätskontrollproben. Um Verschleppungen zwischen den Proben zu vermeiden, werden auch sogenannte Blankkontrollen mitgemessen. Als integraler Bestandteil des Qualitätssicherungssystems analysiert unser Labor Ortho-Analytic dreimal jährlich Ringversuchsproben. Dabei schickt uns das kanadische „Institut national de santé publique du Québec“ unbekannte Haarproben, die wir mit der soeben beschriebenen Methode messen. So erhält das Labor abhängig von den rapportierten Ergebnissen jährlich eine Bewertung. Bis dato haben wir alle Ringversuche der letzten sechs Jahre bestanden.
Was ermöglicht die moderne Elementanalytik?
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Einsatz modernster analytischer Methoden einen tieferen Einblick in die Versorgungslage mit Spurenelementen und Mineralstoffen sowie die Belastung mit Schwermetallen erlaubt. Eine automatisierte Analytik mit genau definierten Prozessen und entsprechender Qualitätssicherung macht diese Analytik auch für Endkonsument:innen erschwinglich. Sie ist also nicht mehr ausschließlich größeren Forschungsinstituten oder der Industrie zugänglich. Durch die Multielementfähigkeit der ICP-MS Methode ergibt sich ein weiterer Vorteil: Wir analysieren 38 Elemente gleichzeitig und können somit ein umfassenderes Bild „aufnehmen“ und Korrelationen zwischen Spurenelementversorgung und Schwermetallbelastung feststellen.